Pressemitteilung
 
 
Fitnesscenter Arbeitsweg. Aktive Mobilität und Gesundheit

Die Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen und Smart City Salzburg laden zu einer Infoveranstaltung.

 
 

„Sitzen ist das neue Rauchen“ – darum gesund zur Arbeit

Am 24. Juni 2019 laden die Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen und Smart City Salzburg zu einem Vortrag mit Prim. Univ.-Prof. Dr. Dr. Josef Niebauer, MBA, Vorstand des Universitätsinstituts für Sportmedizin Salzburg, ein. Thema “Fitnesscenter Arbeitsweg. Aktive Mobilität und Gesundheit”. Dr. Bernhard Zagel, Abteilungsleiter am Fachbereich Geoinformatik der Universität Salzburg, berichtet über das kürzlich abgeschlossene  Forschungsprojekt GISMO zur Förderung gesunder Mobilität im Kontext des betrieblichen Mobilitätsmanagements, Mag. Josef Reithofer vom Magistrat Salzburg über Aktivitäten der Fahrradstadt Salzburg. Ort: Stadtgalerie Lehen, Inge Morath Platz 31, Beginn: 19 Uhr, freier Eintritt. Anmeldung erwünscht: www.jungk-bibliothek.org/anmeldung 

Rückfragen: Mag. Hans Holzinger, 0662.873206,  hans.holzinger@jungk-bibliothek.org
Rückfragen an die Referierenden:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Dr. Josef Niebauer, MBA: j.niebauer@salk.at
Dr. Bernhard Zagel: 0662.8044.7532, Bernhard.Zagel@sbg.ac.at
Mag. Josef Reithofer: 0662.8072.2764, josef.reithofer@stadt-salzburg.at

Foto 1: Die Fahrradgarage am Bahnhof als Vorzeigeprojekt von Smart City Salzburg
Foto 2: Mit dem Fahrrad in die Arbeit hält fit und gesund
(Fotos: Stadt Salzburg)
Beilagen: Pressetext, Einladungsplakat

Einführungstext
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben mehr als ein Drittel der Erwachsenen und über zwei Drittel der Jugendlichen in Europa zu wenig Bewegung. „Sitzen ist das neue Rauchen“ – so bringt es der Salzburger Sportmediziner und Kardiologe Josef Niebauer auf den Punkt. In der Europäischen Union lassen sich jährlich eine Million Todesfälle und der Verlust von etwa acht Millionen Lebensjahren auf Bewegungsmangel zurückführen. Primar Niebauer: „Wenn man sich nicht bewegt und somit eine Muskulatur und Herz-Kreis-Lauf-System nicht stärkt, dann baut der Körper ab und man öffnet Tor und Tür für chronische Erkrankungen. Das Problem der Gesellschaft ist, dass wir zwar das Wissen haben, aber wir wenden es nicht an. Das Sterblichkeitsrisiko ist um 60 Prozent erhöht, wenn man pro Tag acht Stunden sitzt und sich nicht bewegt. Wer dagegen schon eine Stunde am Tag körperlich aktiv ist, etwa durch schnelles Gehen (5,5 km/h) oder moderates Radfahren (16 km/h), gleicht dieses Risiko aus.“

Das heißt: Ausreichend Bewegung verlängert unser Leben und zählt ganz wesentlich zur Gesundheitsvorsorge. Mit „aktiver Mobilität“ werden die Fortbewegungsweisen Radfahren und Zu Fuß-Gehen bezeichnet. Sie empfehlen sich nicht nur als sinnvolle Freizeitaktivität, sondern auch und ganz besonders für die Zurücklegung unserer Alltagswege. Im Sinne des Arbeitsweges als „Fitnesscenter“.

„Gesund zur Arbeit“ war auch das Ziel des Forschungsprojektes GISMO, geleitet von der Universität Salzburg. Gemeinsam mit dem Team von Prof. Niebauer und weiteren vier Partnern, wurden die Effekte von Maßnahmen zur Förderung aktiver Pendelmobilität wissenschaftlich erhoben. Ab dem Frühjahr 2017 beteiligten sich über 70 Mitarbeiter der Landeskliniken Salzburg, die üblicherweise mit dem Auto zur Arbeit fuhren, für ein Jahr an einer klinischen Studie. Das Ergebnis: „Jene Personen, die aktiv zum Umsteigen auf das Fahrrad bzw. Zu-Fuß-Gehen motiviert wurden, legten bedeutend mehr Wege auf umweltfreundliche und zugleich gesündere Art zurück“, so Bernhard Zagel vom Fachbereich Geoinformatik.[1] Um dieses Potenzial effektiv nutzen zu können, entwickelten Geoinformatiker der Uni Salzburg gemeinsam mit weiteren Forschungs- und Unternehmenspartner ein intelligentes Informationssystem, welches für PendlerInnen Arbeitswege mit einem Mindestanteil aktiver Mobilität empfiehlt. Neben der dafür optimalsten Route, werden auch zu erwartende Gesundheitseffekte berechnete und ausgegeben.

Der VCÖ bestätigt in einer Studie „Mobilität als soziale Frage“ den Gesundheitswert einer aktiven Mobilität: „Vor allem kurze PKW-Fahrten haben großes Potenzial zur Verlagerung auf andere, ökologisch verträglichere Mobilitätsformen.  Gehen und Radfahren leisten einen wichtigen Beitrag zu einem klimaverträglichen Verkehrssystems. Regelmäßig Radfahrende haben aber auch durchschnittlich weniger Körpergewicht als vorwiegend Pkw-Fahrende. Bei Männern macht der Gewichtsunterschied rund vier Kilogramm aus. Der Gesundheitsnutzen durch zusätzliche Bewegung übersteigt das Gesundheitsrisiko durch Schadstoffe oder Unfälle beim Radfahren oder Gehen um ein Vielfaches.“[2]

Die Stadt Salzburg zählt heute mit Graz zu den fahrradfreundlichsten Städten in Österreich: 20 Prozent der Wege werden mit dem Fahrrad zurückgelegt. Zum Einkaufen in der Innenstadt verwenden sogar über 30 Prozent das Fahrrad. „An Spitzentagen werden an den Staatsbrücken-Unterführungen bis zu 16.000 RadlerInnen gezählt“, so Josef Reithofer von Smart City Salzburg. Doch Salzburg will noch mehr erreichen: Ein durchgängiges Radwegenetz soll Radfahren in der Stadt noch attraktiver machen. Zudem ist ein flächendeckendes Bike Sharing-Konzept geplant.

Mit dieser Veranstaltung wird auf die Bedeutung aktiver Mobilität aufmerksam gemacht. Es wird gezeigt, wie Betriebe gesunde Mobilität fördern können und was die Stadt Salzburg dazu beitragen kann.


Zitate der Mitwirkenden

Primarius Dr. Josef Niebauer zum Thema “Aktive Mobilität und Gesundheit”

“Ein sitzender Lebensstil ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und führt zu direkten und indirekten Kosten für die Wirtschaft und Gesellschaft, etwa durch eine Verringerung der Produktivität, die Zunahme von Frühpensionierungen oder der Behandlungskosten. Jüngste Daten zeigen, dass in westlichen Ländern nur durch eine Erhöhung der regelmäßigen körperlichen Aktivität um 25 Prozent bis zu 1,3 Millionen Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen pro Jahr vermieden werden könnten. Die aktuellen WHO-Richtlinien empfehlen mindestens 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche und optimalerweise 30 Minuten mindestens mäßiger Freiluft-Aktivität pro Tag sowie Krafttraining (isometrische Aktivität) zweimal pro Woche.“

Dr. Bernhard Zagel zum Potenzial aktiver Pendelmobilität:

Der tägliche Weg zur und von der Arbeit birgt großes Potenzial. In GISMO wurde untersucht, inwiefern das Pendeln zur Gesundheitsförderung genutzt werden kann. Die Ergebnisse waren eindeutig und verdeutlichen, wie mit vergleichsweise günstigen Maßnahmen weitreichender Nutzen gestiftet werden kann. Neben den Gesundheitseffekten trägt ein aktiv zurückgelegter Arbeitsweg auch zur Reduktion von Treibhausgasemissionen und zu einer verkehrlichen Entlastung bei. Entsprechend groß ist folglich auch der direkte und indirekte wirtschaftliche Nutzen.

Dr. Bernhard Zagel zur interdisziplinären Zusammenarbeit in GISMO:

Die Pendelmobilität von ArbeitnehmerInnen auf der einen und die betriebliche Gesundheitsförderung auf der anderen Seite wurden bislang zumeist getrennt voneinander betrachtet. Im interdisziplinären Forschungskonsortium von GISMO wurden die jeweiligen Expertisen in einer bisher einzigartigen Art und Weise verknüpft. Dadurch kam es zu einem beachtenswerten Wissenszuwachs in den einzelnen Fachgebieten, von der Geoinformatik über die Mobilitätsberatung bis zur Medizin, und zu innovativen Lösungsansätzen. Diese waren auch mit ausschlaggebend für die Verleihung des VCÖ Mobilitätspreises 2018.

Prim. Niebauer über die Chancen, den Arbeitsweg für körperliche Fitness zu nutzen:  „In vielen westlichen Ländern arbeitet ein durchschnittlicher Beschäftigter fünf Tage die Woche und legt zweimal täglich die Entfernung zwischen seiner Wohnung und seinem Arbeitsplatz zurück. Ein Großteil der Pendler in Industrieländern legt diese Strecke mit dem Auto zurück. Doch das Pendeln birgt ein großes und ungenutztes Potenzial zur Steigerung der körperlichen Aktivität, wenn die Wege zur Arbeit zu Fuß oder mit dem Fahrrad unternommen werden. Das Fahren zum und vom Arbeitsplatz mit mäßiger körperlicher Anstrengung, entsprechend einer mittleren Intensität für mindestens 15 Minuten in jede Richtung, würde der WHO-Empfehlung für alltägliche körperliche Aktivitäten entsprechen. Überraschenderweise sind überzeugende Daten zur Unterstützung dieser Empfehlungen spärlich.“

Prof. Niebauer zur Studie, die das Universitätsinstitut für Sportmedizin (Prim. Univ.-Prof. Dr. Dr. Josef Niebauer, MBA) mit der Geoinformatic der Universtität Salzburg (Dr. Martin Loidl, Dr. Bernhard Zagel) und der Kardiologie der Universität Zürich (Dr. David Niederseer, Dozent Dr. Christian Schmied) durchgeführt haben:

„In dieser Studie förderten wir die tägliche körperliche Aktivität auf dem Weg zur Arbeit. Eingeschlossen wurden Mitarbeiter des Universitätsklinikums Salzburg,  die im Durchschnitt über 40 Jahre alt und leicht übergewichtig waren; 10 Prozent hatten hohen Blutdruck.

Hauptergebnisse: Allein durch „aktives“ Pendeln zur Arbeit fanden sich bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der Interventionsgruppe signifikante Verbesserungen der Blutfette und des Blutzuckerstoffwechsels. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Interventionsgruppe, die die längsten Strecken zu Fuß gingen oder mit dem Rad fuhren, hatten auch die größte Leistungssteigerung im Belastungs-EKG zu Studienende im Vergleich zu dem zu Studienbeginn. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Interventionsgruppe bemerkten eine bessere Lebensqualität, was mit der Verbesserung der Fitness korrelierte. Auch gab es weniger Krankenstandstage als zuvor.

Perspektive: Sowohl in klinischen Studien als auch in der Praxis bleibt die Einhaltung der regelmäßigen Verschreibung von Sport eine Herausforderung. Es müssen alle möglichen Anstrengungen unternommen werden, um gesunden Probanden und Patienten zu helfen, die Empfehlungen zur körperlichen Aktivität einzuhalten. Nur wenn diese Hindernisse überwunden werden, können körperliche Aktivität und Bewegungstraining ihr großes Potenzial als Präventionsstrategie gegen nicht übertragbare Krankheiten entfalten. Unter anderem deshalb wird das neue Ludwig Boltzmann Institut für Digitale Gesundheit an der Sportmedizin des Uniklinikums Salzburg angesiedelt.“

[1] GISMO – Förderung gesunder Mobilität im Kontext des betrieblichen Mobilitätsmanagement. https://gismoproject.com/

[2] VCÖ (2018): Mobilität als soziale Frage. Wien. https://www.vcoe.at/themen/mobilitaet-als-soziale-frage