Pressemitteilung Post-Corona-Gesellschaft
 
 
Sehr geehrte Redaktion!

Neben seiner Tätigkeit in der Robert-Jungk-Bibliothek ist der Nachhaltigkeitsexperte Hans Holzinger auch immer wieder publizistisch aktiv. In den letzten Monaten hat er sein topaktuelles Buch "Post-Corona-Gesellschaft" verfasst. Darin fragt er, was wir aus der Pandemie für die Klima- und andere Umweltkrisen lernen sollten. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung zentraler Thesen. Wir freuen uns über Ihr Interesse. Besprechungsexemplare gibt es bei Lisa Lapp vom Morawa-Verlag.

 
 

Post-Corona-Gesellschaft. Was wir aus der Krise lernen sollten

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Die Pandemie hat unseren Turbogesellschaften zugesetzt. Viele Unternehmen und große Teile des öffentlichen Lebens wurden heruntergefahren. Systemrelevant waren nicht mehr jene Banken, die in der Finanzkrise gerettet werden mussten, sondern jene Menschen, die im Bereich der Grundversorgung und der Gesundheitsberufe ihren Job machten. Der Flugverkehr kam weitgehend zum Erliegen, die von Autos überfüllten Straßen waren für kurze Zeit Geschichte. Die Natur erschien sich zu erholen, in Venedig kamen die Delfine zurück. Die Politik zeigte Handlungsfähigkeit. Viele hofften, dass wir aus der Corona-Krise unsere Lehren ziehen würden und mit derselben Entschlossenheit auch die Klimakrise und andere Umweltkrisen angehen würden. Doch was haben wir aus der Krise gelernt?

Hans Holzinger, Nachhaltigkeitsexperte der Salzburger Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen, stellt sich und uns diese Frage. In der der Zeit des Lockdown hat er ein Buch über die „Post-Corona-Gesellschaft“ verfasst. Er beschreibt den Verlauf der Pandemie (Stand Sommer 2020) sowie die wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Er stellt Vergleiche zur Klimakrise an und macht Vorschläge, wie ein nachhaltiger Umbau unserer Wirtschaften gelingen könnte. In seinen Worten: Wie der „Rettung eine Richtung“ gegeben werden könnte.

Verwundbarkeit unserer auf Konsum und Wachstum ausgerichteten Ökonomien

Die Pandemie habe uns nicht nur die Verletzlichkeit des Menschen und seine Einbettung in die Natur in Erinnerung gerufen. Sie habe uns auch auf die Verwundbarkeit unserer auf Konsum und Wachstum ausgerichteten Ökonomien verwiesen: „Als wir bedingt durch die Quarantäne über einige Wochen hin nur unsere Grundbedürfnisse befriedigten und nur das kauften, was wir dafür brauchten, schlitterten unsere Ökonomien in eine veritable Krise.“

Die Gefahr sei groß, dass der ersten Schockstarre nun ein einfach Wieder-Hoch-Fahren des alten Systems folge. Eines Systems, „von dem wir allzu gut wissen, dass es die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört“, so Holzinger. Das erzwungene Herunterfahren der Wirtschaft aufgrund der Pandemie könnte jedoch als Vorübung dafür gesehen werden, was nötig sein wird, wenn wir den Klimawandel tatsächlich ernst nehmen. „Wir haben gesehen, dass Staaten handlungsfähig sind, wenn es gilt, Gefahren abzuwehren.“

Klimakrise ist kein vorübergehendes Phänomen

Die Parallelen zwischen Corona- und Klimakrise sind für den Experten jedoch begrenzt. „Die Pandemie wird als vorübergehendes Phänomen wahrgenommen – und damit auch die Einschränkungen, die damit verbunden sind. Die Klimakrise bleibt uns erhalten, ja sie wird sich verschärfen.“ Der zweite wesentliche Unterschied sei, dass man als einzelner Staat gegen die Ausbreitung des Virus durchaus erfolgreich sein konnte, wenn man frühzeitig und konsequent Schutzmaßnahmen ergriffen hat. „Bei der Klimakrise sind wir darauf angewiesen, dass alle Staaten mittun und an einem Strang ziehen.“

Die sozialen Folgen der Pandemie, insbesondere steigende Arbeitslosigkeit und der Konkurs von Unternehmen, seien nicht zu verharmlosen. Die Politik müsse auch hier klare Antworten finden. Holzinger setzt auf den ökologischen Umbau, etwa durch einen „Green New Deal“. Das ökologisch Zerstörerische müsse verschwinden, das ökologisch Erwünschte wachsen. Ein grüner Strukturwandel bedeute den Abschied von den fossilen Energieträgern, den Übergang zu Kreislaufwirtschaften und die Abkehr von der industrialisierten Landwirtschaft. Dies allein werde jedoch nicht reichen. Neben den Mitteln müssten auch die Ziele des Wirtschaftens neu justiert werden.

Wohlstand und Lebensqualität neu fassen

Für Holzinger rückt damit die Frage in den Mittelpunkt, was Wohlstand und Lebensqualität wirklich ausmacht und wie wir das besser messen können, da das Bruttoinlandsprodukt als alleiniger Indikator dafür nicht tauge. Nachzudenken sei über Strukturen, die unsere sozialen Errungenschaften und Wohlfahrtssysteme erhalten, auch wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst. Erreichbar sei dies mit einer fairen Verteilung der Arbeit, der Einkommen und Vermögen sowie mit neuen Werten, die das soziale Miteinander vor sinnlosen Konsum und einer „Geiz ist geil“-Mentalität stellen. Die Pandemie, die uns gezeigt habe, worauf es im Leben wirklich ankommt, könnte hier eine bleibende Lernerfahrung sein. Holzinger hofft auf eine Regionalisierung des Wirtschaftens, auf eine „Ökonomie der Nähe sowie der Verbundenheit“, in der Produzierende und Konsumierende eine Beziehung eingehen. Wir sollten wieder wissen, wer unter welchen Umständen unsere Güter erzeugt. Auch wenn dies in einer Welt der globalen Güterketten nicht leicht sei.

Die Pandemie könnte, wie im Buch zitierte Umfragen zeigen, zu einem bewussteren Lebensstil beitragen. Doch allein auf individuelle Verhaltensänderungen hofft Holzinger nicht. Notwendig seien strukturelle Veränderungen. Damit die Politik die richtigen Weichen stellt, brauche sie allerdings demokratische Mehrheiten, die hinter den notwendigen Maßnahmen stehen. Neben nachhaltigen technologischen Innovationen seien daher auch nachhaltige soziale Innovationen gefragt, „neue Werteprioritäten, neue Messlatten für Wohlstand und Fortschritt, neue Erzählungen darüber, was ein gutes Leben ausmacht“.

Das Fazit des Autors: „Uns steht ein gigantischer wirtschaftlicher Strukturwandel bevor, wenn wir die Klima- und andere Umweltkrisen meistern wollen. Die Corona-Krise könnte somit ein Vorgeschmack auf das sein, was in Zukunft kommen wird. Mit dem Vorteil jedoch, dass wir diese Veränderungen bewusst planen und gestalten können. Der politische Wille vorausgesetzt.“

Hans Holzinger: Post-Corona-Gesellschaft. Was wir aus der Krise lernen sollten. Wien: Morawa 2020. 200 Seiten. € 13,99 Paperback, € 21,99  Hardcover, € 4,99 e-Book
 
Erhältlich im Buchhandel, im Morawa-Buchshop sowie beim Verfasser. Besprechungsexemplar bitte bei Frau Lisa Wapp vom Morawa-Verlag anfordern.

Rückfragen an den Autor: hans.holzinger@jungk-bibliothek.org, Mobil: 0699.11370178

 
 

Zum Autor

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Mag. Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und pädagogischer Leiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind nachhaltiges Wirtschaften, Zukunft der Arbeit, neue Wohlstandsmodelle, Erforschung des Wandels. Er ist Moderator von Zukunftswerkstätten, Mitherausgeber des Magazins "pro zukunft" und Autor mehrerer Bücher. Zuletzt erschienen: "Wie wirtschaften? Ein kritisches Glossar" (2018), "Von nichts zu viel - für alle genug" (2016), "Wann lernen Gesellschaften?" (2020, JBZ-Arbeitspapier) Foto:  JBZ/Geiger